Schlüsselproblem, Schicksalsfrage der Nation oder nur eine „Fata Morgana“?

Ritualisierte Debatten über den Fachkräftemangel

von Ansgar Lange +++ Berlin/Sindelfingen, März 2011 – Die Diskussion über den Fachkräftemangel gleicht einem lieb gewordenen Ritual. Immer wieder wird über das Thema diskutiert, doch einer befriedigenden Lösung scheint man nicht näher zu kommen. Erst jüngst forderte die baden-württembergische Wirtschaft einen Masterplan für die Behebung des Fachkräftemangels. Die neue Landesregierung – am 27. März wird im Ländle zu den Wahlurnen gerufen – müsse dieses Thema auf die politische Agenda setzen. Bereits im Jahr 2014 würden mehr als 300.000 Fachkräfte im Land fehlen, so der Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages, Peter Kulitz. Bei der Vorstellung der Positionen seines Verbandes zur Landtagswahl forderte er, dass die Schul- und Ausbildungsreife jedes Kindes sichergestellt, die berufsorientierte Aus- und Weiterbildung verbessert sowie die Schleusen für ausländische Arbeitnehmer geöffnet werden müssten.

Doch stimmen diese Kassandra-Rufe vom vermeintlichen Fachkräftemangel? Die renommierte „Neue Zürcher Zeitung“ http://nzz.ch wirft einen kritischen Blick auf dieses Thema. Seitdem wieder vom „deutschen Jobwunder“ geschwärmt werde, kursiere auch wieder die Rede vom „Schlüsselproblem Deutschlands“ (Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle) oder von einer „Schicksalsfrage“ (Wirtschaftsforscher Klaus Zimmermann). „Bei näherer Betrachtung erweist sich der Fachkräftemangel als Fata Morgana: Das Phänomen scheint irgendwo hinter dem Horizont tatsächlich zu existieren, aber je mehr man sich ihm nähert, desto mehr entzieht es sich“, so die NZZ.

„Glaubt man der Darstellung des Schweizer Blattes, dann handelt es sich beim Fachkräftemangel also nur um eine Art Scheinriesen Tur Tur, den wir aus Michael Endes Kinderbuch über Jim Knopf und Lukas den Lokomotivführer kennen. Ob die These zutrifft, möchte ich an dieser Stelle nicht diskutieren. Mich stört auch an der deutschen Diskussion, dass wir oft in die Extreme fallen. Warum sprechen wir nicht einmal positiv über diese Dinge. Ein Beispiel: Die Zukunftsperspektiven für IT-Freiberufler sind zurzeit exzellent. Alleine die Automobilindustrie wird den Softwareanteil in den Fahrzeugen in den nächsten fünf Jahren erneut verdoppeln. Auch im deutschen Maschinenbau rechnen wir mit starken Zuwachsraten. Baden-Württemberg beheimatet allein im Maschinen- und Anlagenbau rund 1.650 Unternehmen mit 275.000 Mitarbeitern, die 59 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften – etwa ein Drittel des Gesamtumsatzes im deutschen Maschinenbau. Unternehmen in Baden-Württemberg schafften in den vergangenen zehn Jahren 14 Prozent zusätzliche Ausbildungsplätze und stellten 17 Prozent mehr Ingenieure ein. Nur weil wir momentan ein „Jobwunder“ erleben, sollten wir nicht gleich wieder in Untergangsszenarien verfallen. Der Bedarf an gut ausgebildeten Experten in bestimmten Sparten ist vielmehr ein Anreiz für ehrgeizige junge Menschen, die im Beruf etwas erreichen wollen. Die Chancen dafür sind gut“, sagt Michael Zondler, Spezialist für professionelle Expertenvermittlung bei Centomo http://centomo.de in Sindelfingen.

Laut NZZ sei an der These vom Fachkräftemangel nichts dran, weil die Löhne für Fachkräfte und Ingenieure in den letzten Jahren im Quervergleich eher zurückgegangen seien. Herrsche wirklich ein Mangel an Experten, dann hätten sie steigen müssen. „In einem Punkt hat die NZZ jedenfalls Recht. Wir tun in Deutschland immer so, als lebten wir auf einer Insel der Seeligen, auf der alle hochqualifizierten Menschen dieser Welt leben wollten, ob sie nun aus Amerika, Afrika oder Asien kommen. Von ferne – diesmal also von Zürich aus – sieht man die Dinge manchmal realistischer. Fakt ist, dass Deutschland für Zuwanderer gar nicht so attraktiv ist. Die im internationalen Vergleich hohe Steuer- und Sozialabgabenlast weckt bei jungen und dynamischen Zuwanderern nicht unbedingt die Lust darauf, demnächst für eine Art „Rentnerparadies“ Deutschland aufzukommen“, merkt Zondler kritisch an.

Qualifizierte Zuwanderer, so die NZZ, hätten in Deutschland oft das Gefühl, sie sollten als „Milchkühe“ dienen. Denn wer den Zuzug von hochqualifizierten Menschen aus dem Ausland forderte, der verlange von diesen, dass „diese Leute den Lebensabend der vielen deutschen Rentner mitfinanzieren oder mit ihren Steuern die Staatsschulden bedienen helfen.“. Für Centomo-Geschäftsführer Zondler steht fest: „Ja, wir brauchen Zuwanderung und frische Ideen aus dem Ausland, gerade vor dem Hintergrund unserer schwierigen demographischen Situation. Und um dies zu erreichen, brauchen wir nicht mehr Abschottung nach außen, sondern mehr Offenheit für andere Menschen, Sprachen und Kulturen. Und wenn wir dann noch unsere Hausaufgaben in puncto Steuern und Sozialabgaben machen, ist Deutschland ein wunderbares Land zum Leben und zum Arbeiten – für deutsche Rentner, deutsche Arbeitnehmer und junge Zuwanderer aus dem Ausland.“
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