Zurück an den Schreibtisch

Heimarbeit ist nicht automatisch besser als Präsenzkultur

Von Ansgar Lange +++ Immer weniger Deutsche arbeiten im Home Office. Ist der Traum von den flexiblen Arbeitszeiten ausgeträumt? Gehen wir zurück zur vermeintlich altmodischen Präsenzkultur? Schaut man sich die nackten Zahlen an, dann wird Heimarbeit jedenfalls immer unbeliebter. Laut einem Bericht der „Welt am Sonntag“ http://www.welt.de unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist der Anteil der Arbeitnehmer, die zumindest gelegentlich im Home Office arbeiten, auf den niedrigsten Stand seit Mitte der 90er-Jahre gefallen.

2012 lag der Wert bei nur noch 7,7 Prozent. 1996 waren es noch 8,8 Prozent gewesen. Im Jahr 2008 arbeiteten sogar 9,7 Prozent der Arbeitnehmer zuhause. „Auf den ersten Blick passt dies nicht zusammen. Obwohl der Arbeitsmarkt boomt, die Technik Fortschritte macht und Arbeitszeiten flexibler werden, sinkt der „Home Office“-Anteil“, sagt der Personalexperte Michael Zondler, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens centomo http://www.centomo.de mit Firmensitzen in Ludwigsburg, Sindelfingen und London. Heimarbeit höre sich zunächst einmal gut und arbeitnehmerfreundlich an. Aber so pauschal lasse sich das nicht sagen, so Zondler.

Es müsse von Fall zu Fall entschieden werden, ob Heim- oder Büroarbeit besser für ein Unternehmen und seine Mitarbeiter ist. „Wenn der Output einer bestimmten Tätigkeit schwer messbar ist, empfiehlt sich die Präsenz im Büro. Bei Vertriebsmitarbeitern bietet sich hingegen ein anderes Modell an. Vertriebler arbeiten nach Zielen. Wo diese Ziele erreicht werden, ist egal. Schon in den 1990er Jahren haben beispielsweise große Chemiekonzerne Arbeit ausgelagert, um weniger Bürokosten zu haben. Die Immobilienpreise befanden sich damals in astronomischen Höhen. Mitarbeiter im Vertrieb oder teilweise in der Entwicklung bewegen sich von Meeting zu Meeting. Unternehmen haben weniger Fixkosten, wenn die Projektteams nur zu ihren festen Arbeitsgesprächen inhouse zusammentreffen, ihren eigentlichen Job aber außerhalb des Büros in den eigenen vier Wänden oder wo auch immer erledigen“, sagt der centomo-Chef.

Als die Yahoo-Chefin Marissa Mayer im Februar vergangenen Jahres alle Mitarbeiter, die bisher von zu Hause aus gearbeitet hatten, zurück an den Schreibtisch rief, reagierte die Belegschaft mit Entsetzen. „Zurück in die Steinzeit?“, fragte das amerikanische Wirtschaftsmagazin „Forbes“ http://www.forbes.com. So negativ sieht Zondler das Vorgehen einer Ikone der US-IT-Wirtschaft hingegen nicht.

Teams definieren sich durch Nähe

„Nein, mit Steinzeit hat das nichts zu tun. Teams definieren sich durch Nähe. Gerade in einem solchen großen Unternehmen wie Yahoo muss sich eine neue Chefin oder ein neuer Chef erst einmal einen Überblick über die Strukturen verschaffen. Wichtig ist aber vor allem, dass eine klare Linie in einer Firma gefahren wird. Unterschiedliche Arbeitszeitmodelle in einem Konzern dienen nicht der Transparenz und werden in der Regel als ungerecht empfunden“, meint der Wirtschaftsexperte.

Wichtig sei auch, dass eine Führungskraft präsent ist. Die Vorstellungen einiger neuer Berliner Ministerinnen, sie würden auch mal gern mehr von zuhause aus arbeiten, seien bestenfalls naiv, meint Zondler. „Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse bekanntlich auf dem Tisch. Nicht alles, was sich modern anhört, ist auch gut und gerecht. Es kann doch nicht sein, dass der Chef bequem auf dem heimischen Sofa sitzt, während die Angestellten im Büro schuften müssen. Echte Führungskultur braucht Vorbilder. Viele, die vom Home Office schwärmen, bedenken auch nicht genügend, dass die Bereiche Büro und Privatleben in einer solchen Konstellation zusehends verschwimmen. Es hat auch sein Gutes, wenn man nach Feierabend seinen Schreibtisch verlassen und für ein paar Stunden bis zum Dienstbeginn am nächsten Morgen alles Geschäftliche hinter sich lassen kann. Das dient auch der Regeneration der Mitarbeiter.“

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