Neuer Konzertsaal für L“Aquila: ein Symbol des Aufbruchs für eine vom Erdbeben erschütterte Stadt

Müller-BBM gestaltet die Akustik des von Renzo Piano entworfenen Hauses

Neuer Konzertsaal für L"Aquila: ein Symbol des Aufbruchs für eine vom Erdbeben erschütterte Stadt

Außenansicht – Die Würfelkante des Konzertsaales wurde im Fundament verankert. Der kleinere Würfel vorne rechts enthält die Künstlergarderoben. © Nicola Vernesoni

L“Aquila/Planegg bei München, 23.10.2012 – Das neue „Auditorium del Parco“ ist ein Zeichen des Aufbruchs für die vor drei Jahren von einem Erdbeben stark zerstörte Stadt L“Aquila in den italienischen Abruzzen. Zum Eröffnungskonzert, das Claudio Abbado dirigiert und der Stadt zum Geschenk gemacht hat, kamen neben dem italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano auch Renzo Piano, der die Architektur des ungewöhnlichen und mit 240 Plätzen kleinen Konzerthauses gestaltet hat. Außergewöhnlich waren auch die Anforderungen, die der Bau an die Akustik stellte.

Normalerweise versuchen Akustiker, einen Konzertsaal so zu gestalten, dass jeder Platz im Auditorium so viel Schallenergie wie möglich erhält, oder anders ausgedrückt, dass auch sehr leise Musik mit ausreichender Lautstärke zu hören ist. Beim neuen Auditorium, das am 7. Oktober in L“Aquila eröffnet wurde, war zunächst genau das Gegenteil der Fall: „Ich musste dafür sorgen, dass es in dem relativ kleinen Saal nicht zu laut wird und dass die Akustik dennoch voll und gleichzeitig transparent bleibt“, sagte Jürgen Reinhold, international renommierter Akustiker bei der Ingenieurgesellschaft Müller-BBM in Planegg bei München.

Renzo Piano hatte das Konzerthaus als auf der Kante stehenden Würfel konzipiert, der wenige Meter in den Boden eingelassen wurde. Materialwahl, Geometrie und Orientierung des Auditoriums stellten Jürgen Reinhold und sein Team von Müller-BBM vor eine zunächst nicht erwartete, komplexe Aufgabe:

Das gesamte Auditorium – ein Geschenk der Provinz Trento – ist aus Tannenholz aus dem Val di Fiemme gefertigt. Die Außenhülle bewirkte eine nur ungenügende Schallabschirmung, so dass die Gefahr bestand, dass während eines Konzerts Verkehrslärm und Stimmen nach innen dringen. Die Geometrie und „Schieflage“ des Auditoriums hatten zur Folge, dass die zueinander rechtwinklig stehenden Holzoberflächen den Schall so zurückwerfen, dass er immer wieder zur Schallquelle, also zu den Musikern zurückkehrt. Außerdem führen die zunächst glatten Holzoberflächen des Kubus zu keiner ausgewogenen Schallverteilung. Für ein schönes Klangerlebnis mussten daher noch verschiedene, mit der Architektur harmonierende Elemente aus Tannenholz integriert werden.

Mit vier Grundelementen gelang es Jürgen Reinhold, die Schwierigkeiten des Baus zu lösen: Zunächst sorgte er dafür, dass die Vorsatzschale aus farbigem Lärchenholz, die den Bau umkleidet, elastisch gelagert wurde und somit als Schallschutz dient. Zur Schallstreuung und Schaffung eines gleichmäßigen, weichen Klangbildes wurden Ausfräsungen unterschiedlicher Tiefe und Breite in den Holzbeplankungen an Wänden und Decke ausgebildet. Sie erfüllen in moderner Architektursprache die gleiche Aufgabe wie Stuck, Dekor und Figuren in vielen alten Opernhäusern. Der Schall wird so vielfach gebrochen, die Musik erhält einen weicheren Klang. Die dritte Maßnahme: „Damit ein Teil der Schallenergie geschluckt wird und um die Winkelspiegelreflexionen zu mindern, haben wir Absorptionsflächen in der Decke integriert. Sie bestehen aus gefrästen Holzplatten, die mit Mineralwolle hinterlegt sind. Ihre Gestaltung entspricht den Beplankungen zur Schallstreuung.“

Gleichzeitig hat der Ingenieur, der auch für die Akustik des wiedererbauten „La Fenice“, des renovierten Bolschoi oder des neuen Opernhauses in Florenz verantwortlich zeichnet, mehrere Schallsegel anbringen lassen, die den Schall dorthin lenken, wo er gebraucht wird: eines über dem Orchester, damit sich die Musiker gegenseitig hören können und der Schall auch im Publikum ankommt, zwei weitere an den Seiten des Konzertsaals und eines hinter dem Publikum. Sie sorgen dafür, dass die Konzertbesucher sich „wie vom Klang eingehüllt fühlen“.

Die Maßnahmen zeigten den gewünschten Erfolg. Maestro Claudio Abbado war begeistert und freute sich über die „exzellente Akustik“. Auch die Musiker des hochkarätig besetzten Mozart Orchesters lobten einhellig den Klang, der gleichzeitig „warm, weich und doch transparent“ sei. Am Eröffnungsabend traten dort nach dem Eröffnungskonzert, das ganz im Namen von Johann Sebastian Bach stand, noch viele weitere Gruppen – von Klassik bis Rock – auf.

Die Ingenieurgesellschaft Müller-BBM und ihre Tochterunternehmen sind mit über 350 Mitarbeitern an 19 Standorten in Deutschland,Österreich und in der Schweiz vertreten. Müller-BBM berät Kunden international seit 1962 und nimmt heute eine führende Position in der Akustik, der Bauphysik und im Umweltschutz ein.

Seit der Gründung im Jahr 1962 ist der Fachbereich Bau von Müller-BBM erfolgreich an der Planung von Bürogebäuden sowie Kultur- und Veranstaltungsbauten wie Konzertsälen und Opernhäusern, Theatern und Freilichtbühnen, Kongresszentren und Plenarsälen, Stadthallen, Musikhochschulen und Kirchen beteiligt. In sämtlichen Projektphasen unterstützen die Experten von Müller-BBM Bauherren, Architekten und Nutzer in allen Fragen der Bau- und Raumakustik, der thermischen Bauphysik, des nachhaltigen Bauens, der Bauklimatik, der Baudynamik, des Brandschutzes, der Fassadentechnik und nicht zuletzt mit der Erfahrung aus zahlreichen interdisziplinären Projekten im In- und Ausland.

Kontakt:
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