Kakaoprogramm der Rainforest Alliance weiterhin erfolgreich doch Klimaexperte Dr. Götz Schroth warnt

Kakaoprogramm der Rainforest Alliance weiterhin erfolgreich doch Klimaexperte Dr. Götz Schroth warnt

(Mynewsdesk) Das Landwirtschaftsprogramm der Umweltschutzorganisation Rainforest Alliance und ihrer Partner im Netzwerk für Nachhaltige Landwirtschaft (SAN – Sustainable Agriculture Network) hat auch im Jahr 2013 wieder zu überdurchschnittlichen Entwicklungen beim ökologisch und sozial verantwortungsvollen Anbau von Kakao beigetragen.

Im vergangenen Jahr wirtschafteten rund 260.000 Bauern gemäß SAN-Standard und erzeugten insgesamt auf knapp 838.000 Hektar Land rund 572.000 Tonnen Kakao, ein Plus von 41 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit kamen 13 Prozent der globalen Kakaoernte von Rainforest Alliance Certified™-Farmen. Zum Ende der Berichtsperiode konnten davon bereits annähernd 279.000 Tonnen mit dem Frosch-Siegel verkauft werden.

In insgesamt 15 Ländern bauten zumeist Kleinbauern und Erzeugergemeinschaften erfolgreich Kakao nach den umfassenden Nachhaltigkeitsregeln des SAN-Standards an. Hauptlieferant blieb unangefochten die Côte d’Ivoire, gefolgt von Ghana, Indonesien und der Dominikanischen Republik. Aber auch Nigeria, Tansania und Ecuador lieferten wichtige Anteile.
Veränderte klimatische Bedingungen werden den Kakaoanbau in vielen Regionen fast unmöglich machen
Dr. Götz Schroth, Geoökologe und seit Ende 2013 Senior Manager des Kakaoprogramms bei der Rainforest Alliance, gibt jedoch zu bedenken, dass es keine globale Zielmarke für das Erntevolumen pro Hektar geben kann. Es müsse immer auf die lokalen Gegebenheiten Rücksicht genommen werden: „Pflanzenmaterial, Boden­gesundheit, Nährstoff- und Wasserversorgung, Verfügbarkeit von Arbeitskraft und Zugang zu technischer Beratung sind wichtige Messgrößen, um im Rahmen einer verantwortungs­vollen Landwirtschaft in den Tropen zu besseren Ernteergebnissen zu kommen. Diese können jedoch regional stark variieren.“

Schroth beschäftigt sich seit Jahren mit dem nachhaltigen Anbau von tropischen Kulturpflanzen, insbesondere unter dem Einfluss des Klimawandels. Für einige Regionen des Kakaogürtel weiß er nichts Gutes zu berichten und warnt: „Der Klimawandel beeinflusst Kakaoproduzenten schon heute, und dieser Einfluss wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten verstärken. Wir müssen uns dringend darum kümmern, eine klimasmarte Landwirtschaft zu etablieren“, so Schroth. Aufgabe sei es, dafür zu sorgen, dass Anbausysteme an das zukünftige Klima angepasst sind und dass der CO2-Fußabdruck des Kakaoanbaus nicht größer werde. Dafür brauchen wir definitiv mehr Bäume auf den Farmen. Kakao ist eine schattentolerante Pflanze und kann gut in artenreichen Agroforstsystemen angebaut werden.“ Die Bäume helfen, den zukünftigen Hitze- und Trockenstress besser abzupuffern. Gleichzeitig können sie zusätzliche Einkünfte für die Bauern schaffen, so dass diese nicht von Kakao allein abhängig sind. „Wir brauchen Bäume auch zum Speichern von klimaschädlichen Gasen und für ein besseres Boden-Wasser-Management. Der rationelle Einsatz von Dünger ist durchaus vereinbar mit klimafreundlichem Anbau, die Mengen müssen aber auf das System abgestimmt sein, weil zu große Gaben negative Auswirkungen auf die Umwelt und den CO2-Fußabdruck haben“, so der Leiter des Kakaoprogramms bei der Rainforest Alliance.
Prognosen für die Côte d’Ivoire und Ghana
Götz Schroth und seine Wissenschaftskollegen vom Internationalen Zentrum für Tropische Landwirtschaft (CIAT – International Center for Tropical Agriculture) projizieren für einen Teil der derzeit global führenden Anbauländer Côte d’Ivoire und Ghana, dass sie bis zum Jahr 2050 (bei einem erwarteten globalen Temperaturanstieg von 2 Grad Celsius) zu trocken für die Kultivierung von Kakao sein werden. Dem Kakaoanbau dort sind also zeitlich Grenzen gesetzt und es müssen rechtzeitig Strategien für einen geplanten Übergang auf alternative Kulturen entwickelt werden. In einem großen Teil der heutigen Anbaugebiete wird der Kakaoanbau dagegen weiterhin möglich sein. Er muss sich aber an die sich ändernden Klimabedingungen anpassen. „Hier müssen dringend Maßnahmen für dauerhaft gesündere Anbausysteme umgesetzt werden, wozu auch die Diversifizierung unter Einsatz von einheimischen Baumarten gehört“, so Schroth. In einigen Anbaugebieten beider Länder mit heute sehr hohen Niederschlägen könnten die Bedingungen für den Kakaoanbau in Zukunft sogar günstiger werden, wenn in einem etwas trockeneren Klima zum Beispiel Pilzkrankheiten weniger aggressiv und das Trocknen der Ernte leichter werden könnte, so der Agroforstexperte.

„Diese spätestens in der nächsten Generation von Kakaoproduzenten greifenden Veränderungen müssen bereits heute zum Umdenken führen. Was sind die Konsequenzen, die wir aus den Modellen ziehen müssen?“, fragt Schroth und verstärkt noch: „Wir müssen auch an politische Konsequenzen denken, wenn bei einer Kultur, von der so viele Bauern abhängen, sich die Eignung von Anbaugebieten so unterschiedlich entwickelt. Das könnte zum Beispiel zu einer Zunahme von Landkonflikten in den Gegenden kommen, in denen der Kakaoanbau weiterhin möglich sein wird. Auch Naturschutzgebiete könnten stärker unter Druck geraten.“ Entwicklungspolitik und -initiativen sollten bereits heute mit den Regierungen, dem Handel und vor allem den Produzenten selbst darüber sprechen, wie konkrete Anpassungen an sich verändernde Realitäten zum Wohle der bäuerlichen Gemeinden aussehen können. „Wenn Kakaofarmen in bestimmten Gebieten zu den Klimaverlierern zählen werden, weil es dort künftig zu trocken sein wird, so müssen wir heute schon darüber nachdenken, auf welche Kulturpflanzen sie umsteigen können – also welche Kulturen unter veränderten Vorzeichen günstige Standortbedingungen und vor allem auch geeignete Märkte haben werden. Der planmäßige Übergang ganzer Regionen von einer Wertschöpfungskette auf eine andere ist natürlich ein sehr komplexer Vorgang“, sagt Schroth.

Die Frage, ob nicht gezielte Bewässerungssysteme eine Lösung seien oder ob nicht durch Züchtung Kakaopflanzen trockenresistenter gemacht werden können, sieht Götz Schroth eher kritisch: „Künstliche Bewässerung ist für afrikanische Gebiete, die sich savannenartig verändern, wahrscheinlich in den meisten Fällen zu teuer.“ Von der Pflanzenzüchtung sei Kakao in der Vergangenheit eher stiefmütterlich behandelt worden, da gebe es viel zu tun. Aber ob das zu wesentlich trockenresistenteren Varietäten führt, müsse man erst noch abwarten. In erster Linie brauche es jetzt „beste agrarische Praxis“ durch gutes Training und technische Unterstützung der Kakaobauern. Das sollte standortgemäße Pflanzengemeinschaften mit Einbindung von heimischen Baumarten und eine verantwortungsvolle Gabe von Nährstoffen aus organischen oder, wo nicht in ausreichender Menge vorhanden, synthetischen Mitteln einschließen.

„Ich glaube, die meisten relevanten Marktteilnehmer des Kakaosektors haben sich mit den größten bevorstehenden Herausforderungen – den konkreten Auswirkungen des Klimawandels in Westafrika – noch nicht hinreichend beschäftigt.“ Es ist höchste Zeit, dass sich das ändert.

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Die Rainforest Alliance ist eine unabhängige nicht-regierungsgebundene Umweltschutzorganisation, die sich für den Erhalt der Artenvielfalt einsetzt und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Lebensgemeinschaften fördert. Sie engagiert sich für eine ökologisch verträgliche Landnutzung, sozial verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln und ein werteorientiertes Verbraucherverhalten. Dafür ist sie weltweit in über 70 Ländern aktiv. Die Rainforest Alliance ist Mitglied im Sustainable Agriculture Network (SAN) Netzwerk für nachhaltige Landwirtschaft. Das SAN ist die am längsten bestehende und größte Koalition von Nichtregierungsorganisationen, deren Bestreben eine verbesserte Erzeugung von Rohstoffen in den tropischen Ländern ist. Rainforest Alliance CertifiedTM- Farmen müssen hohe Anforderungen hinsichtlich umwelt-, sozial und wirtschaftlich ausgerichteter Standards erfüllen. Um zertifiziert zu werden, müssen die Farmen unabhängigen Auditoren gegenüber nachweisen, dass sie erfolgreich zielführende Maßnahmen umsetzen. Dazu gehören etwa Wiederaufforstungsmaßnahmen, Gewässerschutz, Schutz natürlich vorkommender, wildlebender Tier- und Pflanzenarten, integrierte Schädlingsbekämpfung, verantwortungsvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen ebenso wie Beachtung der Arbeitsrechte, der Gesundheitsvorsorge und Fortbildung der Farmarbeiter.
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