Von Aufsichtsräten und Beraterverträgen

-§ 114 AktG als Verhaltensnorm-

In einem kürzlich ergangenen Urteil des OLG Frankfurt am Main (Az.: 5 U 30/10) hatte sich dieses mit der Rechtmäßigkeit eines Beratervertrages zu befassen. Im Fall ging es um die Fresenius SE, deren Vorstand im Jahr 2008 für etwa eine Million Euro Beratungsverträge an die Kanzlei vergab, deren Partner und Sozietätssprecher zugleich stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei Fresenius ist.
Mit Urteil vom 15.2.2011 hat das OLG die Berufung der Fresenius SE gegen ein Urteil des Landgerichts zurückgewiesen, mit dem die Entlastung ihres Vorstands und Aufsichtsrates durch die Hauptversammlung 2009 für nichtig erklärt worden war. Vorausgegangen waren die Klagen zweier Aktionäre der Fresenius SE, die sich u.a. gegen die Entlastung des Vorstands und Aufsichtsrates richteten. Gestützt wurden diese Klagen insoweit auf den Vortrag, dass der Vorstand die Beraterverträge an die besagte Kanzlei vergeben hatte. Die Einzelmandate wurden dabei erst nach Bezahlung der Honorare, die eine erhebliche Höhe erreichten, dem Gesamtaufsichtsrat zur Genehmigung vorgelegt und nachträglich genehmigt.
In seiner Entscheidung führt der für die Berufung zuständige 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main im Einklang mit der Vorinstanz aus, dass diese Praxis nicht mit dem Aktiengesetz vereinbar sei. Um eine unsachgemäße Beeinflussung einzelner Aufsichtsratsmitglieder durch den Vorstand zu verhindern, also eine Abhängigkeit des überwachenden Organs vom überwachten Organ zu unterbinden, bestimme § 114 Abs. 1 Aktiengesetz, dass Zahlungen des Vorstandes an ein Aufsichtsratsmitglied für Dienstverpflichtungen außerhalb seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat nur dann erlaubt sind, wenn der Gesamtaufsichtsrat vorher zustimmt. Dies sei hier nicht erfolgt. Dass der Aufsichtsrat alle Zahlungen des Jahres 2008 nachträglich genehmigt habe, lasse die Pflichtwidrigkeit der Zahlungen nachträglich nicht entfallen. Selbst wenn die Genehmigung selbst auf den Zeitpunkt der Vornahme der Zahlungen zurückwirke, lasse dies eine in der Vergangenheit bereits entstandene Abhängigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds, die bereits zu Beeinflussungen geführt haben könne, nachträglich nicht wieder entfallen (vgl. Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main, http://www.hmdj.hessen.de/irj/OLG_Frankfurt_am_Main_Internet?rid=HMdJ_15/OLG_Frankfurt_am_Main_Internet/sub/6dc/6dc70f0b-3139-2e21-f012-f31e2389e481,,,11111111-2222-3333-4444-100000005003%26overview=true.htm). § 114 Abs.1 AktG sei nicht nur eine als verfügungswirksame Bestimmung zu verstehen, sondern als Verhaltensnorm auszulegen.
Somit werden nun wieder die Stimmen derjenigen lauter, die sich aus Gründen des Korruptionsschutzes für ein generelles Verbot von Beraterverträgen und Drittunternehmen, an denen die Kontrolleure beteiligt sind, aussprechen. Weil das Aufsichtsratsmitglied für seine Organtätigkeit in der Regel Bezüge erhält, darf sich der Inhalt des Beratervertrages nicht mit gesetzlichen Aufgaben aus § 111 AktG überschneiden (resultiert aus Zusammenspiel zwischen §§ 113, 114 AktG).
Der Bundesgerichtshof grenzt diese beiden Bereiche folgendermaßen voneinander ab: Er verlangt, dass der Beratervertrag „Fragen eines besonderen Fachgebiets“ betreffen müsse, weil in diesem Fall die Befassung mit solchen speziellen Materien nicht Aufgabe des Aufsichtsratsmitglieds sei. Von daher besteht demzufolge Raum für eine Zustimmung nach § 114 Abs. 1 AktG, wenn der Beratervertrag entweder Fragen des Tagesgeschäftes betrifft, denn auf diese bezieht sich die Beratungstätigkeit des Aufsichtsrats nicht, oder er zwar Gegenstände betrifft, die im Grundsatz der Überwachung unterliegen, aber aufgrund der erforderlichen Beratungstiefe Teil des Tagesgeschäfts sind, mit dem sich der Aufsichtsrat nicht befassen muss (vgl. Drygala in Schmidt/Lutter, Kommentar zu AktG, 2. Auflage, § 114, Rn. 10).
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