Steht die Luftfracht auf Grund neuer EU Richtlinien ab dem 25. März 2013 in Deutschland still?

Verschärfte staatliche Bestimmungen bei der Luftfrachtsicherheit müssen schon ab 25. März 2013 umgesetzt sein – Wer nicht zertifiziert ist, entzieht sich seiner Geschäftsgrundlage

Zertifiziert – Gesichert – Verflogen

Der 11. September 2001 hat die Welt und den Luftverkehr nachhaltig verändert.
Angesichts der Relevanz des Themas „Terrorsicherheit“ mussten nachhaltige Regelungen getroffen werden, dass derartige Anschläge nicht ein weiteres Mal ausgeübt werden können. Auch die vereitelten Paketbombenanschläge aus dem Jemen im Jahre 2010 haben erneut unterstrichen, wie essentiell lückenlose Sicherheitsvorkehrungen sind.

Luftfrachtsicherheit
Die Anschläge vom 11. September 2001 liegen zwar seit mehr als zehn Jahren hinter uns. Für die Sicherheitsbranche – im Speziellen die Luftsicherheit hatte dieses unfassbare Ereignis große Auswirkungen: Nach den Anschlägen wurden weltweit neue Regelungen geschaffen, um die Sicherheitsmaßnahmen im Luftverkehr drastisch anzuheben. Auch die Europäische Kommission und der deutsche Gesetzgeber haben mit dem Erlass von Verordnungen und dem deutschen Luftsicherheitsgesetz reagiert.
Das oberste Ziel lautet: Die Sicherheitsstandards in der Zivilluftfahrt so hoch zu stecken wie nur möglich. Flughafenbetreiber, Luftfahrtunternehmen und die zuständigen Behörden messen der sogenannten Terrorsicherheit seither einen hohen Stellenwert bei.
Die Globalisierung – 9/11 zum Trotz – hat der Luftfracht seither einen Anstieg um rund 80 Prozent beschert. In den vergangenen rund zehn Jahren sind die Sicherheits- und Frachtkosten enorm gestiegen.

Die Vorschriften des zivilen Luftverkehrs sind bis auf das Flüssigkeitenverbot und die Diskussion rund um den Abschuss von zivilen Luftfahrzeugen nicht weiter in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Auch in Wirtschaftskreisen blieben die neuen Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf die VO (EG) Nr. 300/2008 und die damit drastisch einhergehenden Änderungen in der Lieferkette bis 25. März 2013, weitgehend ungeachtet. Für die Abwicklung der Luftfracht im deutschen sowie europäischen Luftraum haben sie allerdings eine essentielle Bedeutung.

Tragweite der gesetzlichen Vorschriften
Zu nennen ist hier insbesondere die frachttechnische Abwicklung: Sämtliche Spediteure, Transporteure und produzierende Unternehmen, die Luftfracht versenden müssen entweder vom Luftfahrt-Bundesamt zertifiziert sein oder es müssen Einzelkontrollen der Fracht erfolgen. Einer aktuellen Branchenumfrage zufolge könnten es sich allein in Deutschland um etwa 40.000 versendende Unternehmen handeln, die neuerdings von den Vorschriften betroffen sind.

Die Tragweite der Thematik ist noch größer. Denn dies betrifft nicht allein die Frachtfliegerei: Etwa 60 Prozent des gesamten Luftfrachtvolumens in Höhe von etwa 2,3 Mio. Tonnen werden auf Passagiermaschinen gewissermaßen als Beigepäck verflogen.
Deshalb wurde nicht nur die Sicherheit am Boden und an Bord von Luftfahrzeugen angehoben sondern vor allem auch die Sicherheit der Fracht

Sichere Lieferkette
Im Jahr 2006 wurde das System der sicheren Lieferkette ins Leben gerufen. Das Ziel dabei: Die Sicherheitsvorkehrungen möglichst weit ins Vorfeld des Flughafens zu rücken und somit auch die Verantwortung für die Einhaltung dieser Lieferkette zu verteilen. Die VO (EG) Nr. 300/2008 geht sogar so weit, dass die sichere Lieferkette ab dem Moment eingehalten werden muss, sobald die Ware als Luftfracht zu identifizieren ist. Dies ist – was vielen noch nicht in dieser Deutlichkeit bewusst ist – in vielen Produktionsbetrieben bereits während des Produktionsprozesses erkennbar.

Sichere Lieferkette bedeutet, dass die zu versendende Ware vom Ursprung (Produzent) über den Transport, bis zur Verladung ins Flugzeug ständig einem sicheren Handling unterliegen muss. Das heißt: Sämtliche Glieder dieser Lieferkette, ob produzierendes Unternehmen, Verpackungsunternehmen, Lagerhalter oder Spediteur sind einer behördlichen Zertifizierung zu unterziehen. Jedes dieser Unternehmen muss darlegen, dass die Ware in seinem Unternehmen sicher gehandelt wird. Dies bedeutet: Die Ware darf nur in einem gesicherten Umfeld und von geschultem Personal gehandhabt werden.

Der Status des „bekannten Versenders“ für produzierende Unternehmen, bei denen Luftfracht erstmalig identifiziert wird, des „reglementieren Beauftragten“ für Spediteure, Lagerhalter oder Verpackungsunternehmen oder des „Transporteurs“ garantiert die nachhaltige Einhaltung der sicheren Lieferkette vom Produzenten bis ins Flugzeug.

Wer bis 25. März 2013 die Vorschriften nicht erfüllt, muss möglicherweise Nachteile in Kauf nehmen
Der Zeitraum, um die gesetzlichen Vorschriften im Unternehmen zu etablieren nähert sich dem Ende: Die behördliche Umsetzung dieser einzuhaltenden Vorschriften und Maßnahmen wird nach einer bereits 3-jährigen Übergangsfrist zum 25. März 2013 unumgänglich. Wer bis dahin nicht gehandelt hat, bedroht die Geschäftsgrundlage seiner Firma.

Alle Sendungen von nicht zertifizierten Unternehmen oder Sendungen, die in ihrem Sendungsverlauf als nicht sicher eingestuft worden sind oder an der eine Manipulation festgestellt wurde, müssen bei einem „reglementierten Beauftragten“ einer geeigneten Kontrolle unterzogen werden. Kontrolle im Sinne der VO (EU) Nr. 185/2010 ist das Röntgen der Fracht oder die Handdurchsuchung als alleinige Maßnahme und die Sichtkontrolle in Verbindung mit der Sprengstoffspurendetektion. Für diese Kontrollen benötigt das kontrollierende Unternehmen sowohl die technischen Voraussetzungen als auch geschultes Personal, welches die Kontrollen durchführen kann. Auch hierbei sind behördliche Auflagen zu erfüllen.

Nicht zuletzt diese Sicherheitskontrollen treiben die Frachtkosten in die Höhe, da die Waren ggf. ausgepackt, der Kontrolle unterzogen und auch wieder verpackt werden müssen, sofern sie nicht röntgenfähig sind. Denkt man hier an die verschiedenen Verpackungsarten oder gar Sonderverpackungen und den benötigten Zeitfaktor, lässt es sich schwer vorstellen, dass die Ware, die meist aus zeitkritischen Gründen als Luftfracht transportiert wird, zeitnah verflogen werden kann. Zu beachten ist auch: Nicht alle Waren können Kontrollen unterzogen werden. In Deutschland können nur etwa 10 Prozent aller „reglementierter Beauftragten“ entsprechende Sicherheitskontrollen durchführen. Es könnte dadurch nicht nur zu einem Warenstau bei den Kontrollen durchführenden Unternehmen kommen. Auch die derzeitigen Zufahrtswege zu den Kontrollstellen und die Besetzung mit qualifizierten Luftsicherheitskontrollkräften könnten zu Problemen führen.

Umfassende Zertifizierungsmaßnahmen
Das Unternehmen, das eine behördliche Zertifizierung anstrebt, muss seine Prozesse im Umgang mit identifizierbarer Luftfracht in einem Luftsicherheitsprogramm festhalten. Zu beschreiben sind unter anderem das Unternehmen, der Warenfluss im Unternehmen, die am Warenhandling Beteiligten, die Transportsysteme und vor allem die Sicherheitsvorkehrungen und Sicherheitsbereiche. Es sind mindestens ein Luftsicherheitsbeauftragter und möglichst ein Stellvertreter zu benennen. Diese müssen zuverlässigkeitsüberprüft und geschult sein. Sämtliche Personen, die in irgendeiner Form Zugang zu bereits identifizierter Luftfracht haben, müssen ebenfalls überprüft und geschult sein. Wenn die Prozesse, um eine sichere Lieferkette im Unternehmen zu schaffen, sehr umfangreich und komplex sind, ist es ratsam, Spezialisten, die sich mit dem Zertifizierungsverfahren auskennen, zu Rate zu ziehen.

Zukünftig wird zu verfolgen sein, ob die Maßnahmen an die gestiegene Bedrohungslage nachhaltig ihre Wirksamkeit entfalten. Auch weiterhin lautet die Kardinalfrage:
Kann durch die Branche und die Politik genug getan werden, damit ein solches menschliches Drama wie 9/11 nie wieder möglich ist. Und anderen Anschlägen rund um den Globus Einhalt geboten werden kann.
Nicht als Selbstzweck, sondern allein von dem Ansinnen geprägt, für weltweite Sicherheit zum Wohle der Menschheit zu sorgen.

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Dekra Aviation Tage in Hamburg 05./06.März 2013

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