Emotional Banking auf dem Vormarsch

Auf der Money 20/20 Europe in Kopenhagen traf sich das Who is Who der FinTech-Szene

Auch 2017 war die Money 20/20 Europe in Kopenhagen wieder das größte FinTech-Event auf dem Kontinent. Mit mehr als 4.000 Besuchern und über 500 Speakern sprengte sie sogar die Dimensionen des Vorjahres – und zeigte damit den ungebrochenen Boom in der Startup-Szene der Finanzwelt. Neben Themen wie Chatbots, Robo Adisory, Blockchain, Open API, Platform Banking etc. war ein Trend zum Emotional Banking zu beobachten. „Trotz aller Vorteile durch digitalisierte Angebote möchte der Kunde offenbar den zwischenmenschlichen Kontakt nicht aufgeben“, so Stephan Paxmann, Vorstand der TME AG, einer der führenden Unternehmensberatungen für Digital Banking.

„Es menschelt“, sagt dazu Stefan Roßbach, Mitgründer von TME, der gemeinsam mit Paxmann die drei Tage in Kopenhagen verfolgt hat. Immer mehr Unternehmen würden auf User Experience setzen, also dem Kunden ein Erlebnis bieten wollen, das über das rein Funktionale hinausgeht. Beispielsweise präsentierte die australische Commonwealth Bank ihren intelligenten Roboter „Chip Candroid“, der – ein erster Versuch von Social Robotics – in Bankfilialen als Banking Concierge eingesetzt wird. Dazu passt die wachsende Zahl an Angeboten mit Sprachsteuerung, umgesetzt in Chatbots sowie als Bestandteil der Bankprodukte. Beispiel: Bei Houndify plus Starling Bank kann man über die Banking App per Stimme etwa Kontostände abfragen oder Transaktionen beauftragen. Die wachsende Bedeutung des Faktors Mensch auch im Banking der Zukunft ist für Paxmann und Roßbach die eigentliche Neuerung der gerade zu Ende gegangenen Money 20/20, auf der sich CEOs, Topmanager und Fachkräfte aus der Bankenbranche und Finanztechnologie trafen.

Digitalisierung zieht weite Kreise

Erstmals waren auch Vertreter von Versicherungen und InsurTechs vor Ort. Der Einfluss der Digitalisierung sei eben längst nicht mehr auf Bezahldienste oder die automatisierte Vermögensanlage beschränkt, betont Roßbach. In allen Bereichen ist die Nutzung von Artificial Intelligence im Kommen, während Blockchain trotz Medienpräsenz noch zu wenig verstanden werde, meint Paxmann. In puncto Regulatorik standen die Entwicklungen bei PSD2, Know-Your-Customer und Anti-Mony-Laundering (AML) sowie die generelle Absicherung von Zahlungen im Vordergrund. Mehr Raum als bisher nahmen Security-Themen ein: „New Banking Verified“ etwa zählten mit einer sehr effizienten Lösung für KYC/Identitätsprozess zu den Gewinnern des Money 2020-Startup-Pitches. AliPay wie auch amazonpay demonstrierten, wie sich Bezahlen und weitere Mehrwertdienste verknüpfen lassen. Und im Zusammenhang mit dem Internet der Dinge entstehen Bankingdienstleistungen verstärkt aus der Nutzung anderer Dienste heraus.

Beeindruckt zeigte sich der Experte vom großen Interesse der Geldgeber. Im ersten Quartal 2017 flossen europaweit rund 800 Millionen Euro Venture Capital – vor allem nach Großbritannien und Deutschland: So konnte z. B. Kreditech 110 Millionen Euro vom südamerikanischen Payment-Dienstleister PayU einwerben, die britische Challenger Bank Atom bekam rund 64 Millionen von der spanischen BBVA und der Robo Advisor Scalable Capital erhielt kürzlich 30 Millionen Euro über eine vom New Yorker Vermögensverwalter BlackRock angeführte Finanzierung. Global wurden 2016 rund 28,2 Milliarden Dollar als Venture Capital investiert – davon 65 Prozent in FinTechs und hiervon wiederum der Löwenanteil in Payments. Es folgten die Bereiche Banking und Kreditwesen sowie Wealth Management, während hier Versicherungen noch keine allzu große Rolle spielen.

Derzeit erweist sich Deutschland als ein im Vergleich zu Großbritannien wegen der vielschichtigen Bankenlandschaft sehr diversifizierter Markt. Beim Digital Banking besteht hierzulande Nachholbedarf, doch das Interesse ist groß. Beispielsweise wird das mit über 9 Milliarden US-Dollar bewertete Payment-Unternehmen Stripe seine Leistungen nach mehrjähriger Testphase auch in Deutschland anbieten. Rein regionale Angebote werden ohnehin vermehrt kritisch gesehen. Aus gutem Grund, kann doch ein nur in einem Teil Europas aktives Unternehmen nie globale Marktrelevanz erreichen. Künftig dürfte die Herkunft eher irrelevant sein, sofern jeweils die Regularien des Landes eingehalten werden, in dem sich der Kunde befindet. Auf der Money 20/20 wurde dennoch offen darüber nachgedacht, warum nicht eine chinesische Versicherung auch in Europa Direct-Insurance offerieren sollte. Dazu passt, dass der chinesische Versicherungskonzern Ping An Group über seinen Global Yoyager Fund über 1 Milliarde US-Dollar in FinTechs und Healthcare außerhalb von China investieren will – mit Fokus auf Geschäftsmodelle, die ihre Praxistauglichkeit bereits nachgewiesen haben.

Kooperationen verschiedenster Form

Den Praxistest bestanden haben auch bereits viele Kooperationen – und die Beziehungen zwischen den Playern werden vielfältiger. Die auf der Money 20/20 vorgestellten Beispiele und auch die vielen Diskussionen am Rande machen für Paxmann und Roßbach klar, wohin die Reise geht: „Eindeutig in Richtung mehr Zusammenarbeit.“ Zum einen gibt es wegweisende Kooperationen zwischen FinTechs untereinander – wie die von N26 und Clark, die gerade gemeinsam einen digitalen Versicherungsservice lanciert haben. Zum anderen finden sich Startups und etablierte Player, was die strategische Allianz von Visa und dem Zahlungsdienstleister Klarna beweist. Nachhaltig erfolgreich und von großer Marktrelevanz dürften auch andere Bündnisse sein: Im Bereich Rechnungsfinanzierung etwa will das FinTech Billfront mit einer Investition von 7,5 Millionen Euro in Fyber, abgewickelt über die Partnerbank Solarisbank, in Deutschland Fuß fassen. „Newcomer brauchen häufig die Finanzkraft und den Kundenstamm der großen Geldhäuser, diese dagegen die Innovationskraft der Neuen“, kommentiert Paxmann.

Doch auch der Kunde verlangt indirekt nach Zusammenarbeit, denn er möchte nicht mehr von Anbieter zu Anbieter switchen, sondern sich nur mit einem Unternehmen oder einer Plattform befassen. Dem tragen einige FinTechs Rechnung, indem sie eine Vollbanklizenz erwerben, um so ihr Geschäftsfeld erweitern zu können. Beispiele sind die Klarna und die Solarisbank, die auf diese Weise das „Single Offering“ durch ein umfassendes Bank-Angebot ersetzen wollen. Andere Startups wie die Railsbank aus Großbritannien verzichten bewusst auf eine Lizenzierung. Stattdessen realisieren sie technische Banking- und Compliance-Plattformen, die relevante Banking-Dienstleistungen von Partnern integrieren. „Es wird künftig eine Vielzahl von Kooperations- und Geschäftsmodellen geben, ohne dass bisher klar ist, welche Varianten sich eventuell durchsetzen“, glaubt Roßbach.

Wie die FinTechs handeln auch die etablierten Kredithäuser höchst unterschiedlich – und nutzen alle Optionen von der Übernahme eines FinTechs bis zur eigenen Entwicklung digitaler Lösungen. Wichtig ist es ihnen, ihre Prozesse effizienter gestalten oder ihr Angebot ausbauen zu können. Die spanische BBVA etwa präsentierte ihren Ausbau von FinTech-Kooperationen und -Übernahmen. Außerdem etabliert das Kreditinstitut, das auf eine über 150-jährige Geschichte zurückblickt, eine Open-Platform-Strategie, die Drittdienste einbinden und damit dem Kunden erheblichen Mehrwert bieten kann. Auch die britische Barclays Bank und die niederländische RaboBank agieren vermehrt mit starkem Fokus auf FinTech-Kooperationen. Letztere hat Rabo&Co aus der Taufe gehoben, eine hybride Lending-Plattform, auf der sowohl die RaboBank als auch parallel Dritte Mittel für Kreditvergabe bereitstellen können. Roßbach: „Es ist und bleibt spannend und letzten Endes wird der Kunde am meisten profitieren. Die starke Konkurrenz zwingt schließlich dazu, die Angebote immer stärker an den Wünschen der Verbraucher auszurichten.“

Die TME AG – mit Sitz in Frankfurt Main und München – ist eine Unternehmensberatung für Financial Services, die auf Digital Banking, Risiko & Regulatorik sowie Transformation Management spezialisiert ist. Das Team ist entlang der gesamten Wertschöpfungskette aktiv – von der Konzeption über die Transformation bis zur Umsetzung, insbesondere für digitale Geschäftsmodelle und deren regulatorischen Anforderungen. Zu den Kunden zählen Banken und Versicherungen, aber auch FinTechs sowie Unternehmen aus der Digitalbranche.

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