Cicero würde sich im Grabe herumdrehen

Warum Angela Merkel mit „TINA“ auch am 22. September wieder erfolgreich sein wird

Von Ansgar Lange +++ Bonn/Sindelfingen, August 2013. Schaut man sich die „Tipps für einen erfolgreichen Wahlkampf“ des Quintus Tullius Cicero http://www.reclam.de/detail/978-3-15-010924-3 an, dann dürfte Angela Merkel bei der anstehenden Bundestagswahl keine Chance haben. Denn schon zu Beginn seines Ratgebers, den er für seinen berühmten Bruder Marcus schrieb, als jener sich um das höchste Staatsamt in Rom bewarb, heißt es, dass es auf den „Ruhm als Redner“ ankomme. Zumindest in diesem Punkte ist Peer Steinbrück seiner Gegenspielerin voraus, wobei er allerdings zugleich auch ein Meister der Fettnapf-Rede ist.

Auch gegen eine weitere Empfehlung des antiken Autors verstößt die ewige Kanzlerin aus dem Osten Deutschlands sträflich. Es komme nämlich darauf an, so der Rat an Marcus, „die Begeisterung insbesondere derer zu bewahren, die du schon gewonnen hast“. Wie bitte, mag sich jetzt mancher CDU-Stammwähler fragen. Denkt Merkel etwa an die Kirchgänger, die Konservativen und die Wirtschaftsliberalen? Pflegt sie nicht etwa in Form asymmetrischer Demobilisierung ganz andere Kreise und klaut den anderen sozialdemokratischen Parteien neben der CDU fleißig die Themen?

„Die eifrige Unterstützung durch Freunde sollte man sich durch Wohltaten, Beachtung von Verpflichtungen, alte Bekanntschaften, Zugänglichkeit und natürlichen Charme sichern“. Auch bei dieser Empfehlung kommt man ins Stutzen. Die Politik der heruntergezogenen Mundwinkel der Kanzlerin steht ja nun nicht in erster Linie für Charme, und wenn das Betreuungsgeld als „Wohltat“ für die Freunde gedacht war, dann hat sich die Parteivorsitzende der CDU wohl leicht verkalkuliert, da es sich nicht allzu großer Nachfrage erfreut.

Vielleicht macht die Lektüre des schmalen Reclam-Bändchens aber deutlich, warum der eisernen Fiskal-Kanzlerin nicht die Herzen der Griechen und anderer Südeuropäer zufliegen. Denn durch drei Dinge werden die Menschen gewonnen: „durch erwiesene Wohltat, geweckte Hoffnung und spontane Sympathie“. Eben nicht durch Spardiktate – könnte man ergänzen.

Quintus Tullius Cicero riet Marcus, dass dessen ganzer Wahlkampf eine „gute Show“ sein sollte: „brillant, glänzend und populär, die größte Aufmerksamkeit und höchstes Prestige erzielt – und auch, wenn das denn irgendwie möglich ist, dass man Skandalgeschichten über die Verbrechen, sexuellen Ausschreitungen und Bestechungen deiner Konkurrenten erzählt“.

„Auf die Skandalgeschichten über Verbrechen und sexuelle Ausschweifungen können die Bürger gut verzichten“, sagt der Personalexperte Michael Zondler, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens centomo http://www.centomo.de. „Doch zurzeit merkt ja kaum jemand, dass bald gewählt wird. Die Lethargie ist erschreckend. Die Politik liefert sich Scheingefechte über den Soli oder die vermeintliche Ausspähung durch die Amerikaner“, so Zondler. „Wo bleibt der politische und fachliche Streit über den besten Weg in Sachen Euro? Wie sehen die Konzepte für eine erfolgreiche Energiewende aus? Wer hat den Mut, dass deutsche Steuersystem zu vereinfachen? Mit welchen Konzepten kämpfen wir für die besten Köpfe aus dem Ausland? Auch wirtschaftspolitisch tut sich wenig. Merkel zehrt von den arbeitsmarktpolitischen Erfolgen ihres Vorgängers Gerhard Schröder und verwaltet ansonsten. Geistige Anstöße? Fehlanzeige.“

Wie hat es jüngst Welt-Herausgeber Thomas Schmid so schön auf den Punkt gebracht? „Angela Merkels TINA, there is no alternative, steht einer Demokratie nicht gut zu Gesicht“. Cicero würde sich also im Grabe herumdrehen – aber er kannte „TINA“ ja auch noch nicht.

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